Mittwoch, Dezember 14, 2005

Wieviele Social Applications braucht der Mensch?

Wieviele Social Applications braucht der Mensch?
Social Apps entwickeln sich immer mehr vom Trend zum Hype. Waren es zunächst Flickr, Del.icio.us oder Hot-or-Not, so scheint mittlerweiler jeder darauf zu bauen, eine Online-Anwendung zu kreieren, die vom Miteinander der User lebt. Vor einiger Zeit erblickte nun ning.com das Licht der Welt: Ein "Playground", der nicht nur zahllose Social Apps zur Verfügungen stellen will, sondern auch jedermann und jederfrau erlaubt, eigene Ning-Apps zu entwickeln und der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Ob das funktioniert? ...

Ning kennt zwei Arten von Anwendern: normale User (die Registrierung ist unkompliziert und kostenfrei) sowie Developer. Auch Developer wird man kostenlos, allerdings kann die Freischaltung ein wenig dauern. Ist man "Developer" (besondere Kenntnisse werden dafür erst einmal nicht verlangt), so kann man vor allem bereits bestehende Ning-Apps klonen. Dazu liefert Ning schon mal einfache Nachbauten bekannter Social Apps mit. Das Problem: So entsteht aus einem Flickr-Nachbau ein Flickr-Nachbau-Klon, ein zweiter, ein dritter und schließlich ein dreimillionensiebenhundertzwölftausendachtundvierzigster. Mit ein wenig Engagement schafft es der ambitionierte "Developer" dann vielleicht noch, ein paar Texte, Farben und Layouts anzupassen. Nicht gerade spektakulär - und das größte Problem für Ning in der Zukunft. Was nämlich passiert mit all den Klon-Apps, die eigentlich niemand ernsthaft verwendet?

Ernsthafte Developer können mit Ning durchaus mehr anfangen: Wer fundierte PHP-Kenntnisse hat, kann Ning-Apps beliebig modifizieren ... oder sogar komplett neu entwickeln. Dazu gibt es ein spezielles PHP-API, das zahlreiche Bausteine für die Entwicklung von Social Apps bereitstellt. Dieses Framework wird zudem weiterentwickelt, so dass hier tatsächlich ein Baukastensystem entsteht. Allerdings: Für ernsthafte Programmierer ist Ning wohl wirklich nur als Spielwiese geeignet - schließlich gehen die eigenen Entwicklungen wieder in das Gemeingut über, können wiederum geklont und von anderen modifiziert werden. Künftig sollen irgendwann Premium-Accounts geschaffen werden (dann kostenpflichtig) und damit könnte dann vielleicht ein Developer wirklich von seiner Entwicklung exklusiv profitieren. So ist Ning erst mal wirklich nur ein Spielplatz, auf dem man sich mit einem API für Social Apps ein wenig beschäftigen kann in den langen Winterabenden, die jetzt kommen.

Übrigens: Hinter Ning steht unter anderem Marc Andreessen - was für viel Aufmerksamkeit sorgte - frei nach dem Motto: Wenn Marc Andreessen etwas Neues macht, muss es ja gut sein. Und Ning hat sicher interessante Ansätze. Aber solange das Klonen im Vordergrund steht und niemand die Kontrolle über seine Entwicklungen behalten kann, wird Ning vor allem aus Klonen und Nachbauten bestehen. Echte Social Apps leben aber davon, dass ihre Kreativität, ihr Witz und ihre Eigenständigkeit einen viralen Effekt auslösen - so dass immer mehr Nutzer zu genau dieser Anwendung finden ... und sich die Nutzer nicht auf zahllose Klons verteilen. Klone haben in der Social-App-Welt langfristig keine gute Überlebenschance.


Von Markus Stolpmann am 03.11.2005, 12:51, in eDings live